Rückblick auf das Jahrestreffen der Lebensborn-Kinder in Deutschland vom 30. August bis zum 01. September 2024 in Wernigerode

Das 20. Jahrestreffen des Vereins fand vom 30. August bis zum 01. September 2024 statt. Da das „Lebensborn“-Kind, das in der Europaschule Sekundarschule „Johann Wolfgang von Goethe“ Ilsenburg mit Jugendlichen ins Gespräch kommen wollte, erkrankt war, musste das geplante Schülerforum leider abgesagt werden. Nicht mehr viele der vom „Lebensborn e.V.“ Betroffenen in der Lage, zu unseren Treffen anzureisen und für solche Gesprächsrunden zur Verfügung zu stehen. Dennoch ist der Verein bestrebt, während seiner Tagungen so viel wie möglich die Öffentlichkeit zu erreichen, um sie für das Thema „Lebensborn e.V.“ und damit verbunden für „Rassenpolitik“ und „Verschleppung“ zu sensibilisieren. Die Schirmherrschaft über die 20. Jahrestagung übernahm der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Arnim Willingmann, Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt. Leider musste er aus terminlichen Gründen seine Teilnahme absagen. Er ist bereits seit vielen Jahren dem Verein sehr verbunden und verfolgt mit Interesse unsere Arbeit. Zur Eröffnung übersandte er dem Verein ein Grußwort.

Die Eröffnung der Jahrestagung erfolgte um 15.00 Uhr im Foyer der Kreisvolkshochschule Wernigerode. Unmittelbar im Anschluss daran fand die Präsentation der Ausstellung zum Lebensbornheim „Wiener Wald“ statt. Die Ausstellung, die vom „Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung“ im Rahmen der Aufarbeitung des „Lebensborn e.V.“ in Österreich entstanden ist, wurde von den Ausstellungskuratoren Dr. Lukas Schretter, Programmlinienleiter am BIK und von Natascha Stoffers vorgestellt. Musikalisch umrahmte die Musikschule Schicker Wernigerode beide Veranstaltungen.

Diese Ausstellung ist zum ersten Mal außerhalb von Österreich präsentiert worden. Sie besteht aus 13 Rollups mit Informationen und Berichten über den Zweck und die Struktur des „Lebensborn e.V., den Heimalltag und natürlich über einzelne Schicksale. Im Foyer der Kreisvolkshochschule konnten zum einen die Besucher der dortigen Kurse und Veranstaltungen und zum anderen auch alle Passanten auf dem Weg zwischen dem Hauptbahnhof Wernigerode und dem Stadtzentrum sich hier über den „Lebensborn“ in Österreich informieren.

Anschließend kam die Ausstellung als Sonderausstellung in die Mahn- und Gedenkstätte am Veckenstedter Weg, wo sie bis zum 26. Oktober präsentiert wurde. Auch hier nahmen die Besucher der Gedenkstätte die Möglichkeit war und gingen durch die Ausstellung.
Bis zum 26. Oktober 2024 nutzen etwa 650 Menschen die Gelegenheit, sich die Ausstellung anzusehen.

Um 17.00 Uhr begann die Lesung zum Buch „Lügen und Scham“. Prof. Dr. Dirk Kaesler, der Autor des gleichnamigen Buches, stellte sein Schicksal als „Lebensborn“-Kind und vor allem seine Aufarbeitung in Form von Gesprächen mit seinen biologischen Eltern dar. Die Lesung war als szenische Lesung angelegt. Um die Wirkung seiner Gespräche mit seiner Mutter weitgehend in der von ihm erlebten Emotionalität den Zuhörern nahezubringen zu können, lies er die Potsdamer Schauspielerin, Frau Christel Leuner die Passagen der Mutter vortragen.

 

Der Abend des ersten Tages schloß für die Tagungsteilnehmer mit einem gemeinsamen Abendessen in der Remise. In entspannter Atmosphäre trafen sie sich bei einem kleinen Imbiss und einer musikalischen Umrahmung zu zwanglosen persönlichen Gesprächen. Das Wiederaufleben von Kontakten, der Austausch über Erlebtes und Erfahrenes sowie auch das Knüpfen neuer Kontakte ist bei den Jahrestreffen von großer Bedeutung.

Am nächsten Morgen luden die Organisatoren zu einer Gesprächsrunde ein, die unter dem Thema „Lebensborn. Lebensschicksale oder Filmfantasien“ stand, ein. Insbesondere einige der Äußerungen von Prof. Dr. Dirk Kaesler wurden noch einmal zur Diskussion gestellt, um möglichen Missverständnissen vorzubeugen. Dabei wurde wieder einmal deutlich, dass der Kontext, in dem man seine Ausführungen bringt, von großer Bedeutung sein kann. In einer teilweise lebhaften Diskussion konnte letztlich ein gemeinsames Verständnis zum „Lebensborn“-Programm ein seinen Folgen gefunden werden.

Die Jahreshauptversammlung am Samstagvormittag bot dem Vorstand und dem Beirat die Möglichkeit den Vereinsmitgliedern, über ihre Tätigkeit im zurückliegenden Geschäftsjahr zu berichten und Rechenschaft über den Umgang mit den Vereinsgeldern abzulegen. Inhaltlich wichtigstes Thema war die geplante und von den Mitgliedern bereits beschlossene Kooperation mit dem Harzverein für Geschichte und Altertumskunde. Hierzu war der 1. Vor-sitzende, Dr. Christian Juranek, sowie der 2. Vorsitzende, Dr. Friedhart Knolle, zugleich Mitglied des Beirates von „Lebensspuren e.V.“ anwesend. In einer offenen Diskussionsrunde, die sehr informativ und konstruktiv für beide Seiten war, wurde letztlich der Vorstand beauftragt, eine Kooperationsvereinbarung zur engeren Zusammenarbeit, Bündelung wissenschaftlicher Kompetenz sowie einer engeren Verzahnung der Öffentlichkeitsarbeit abzuschließen.

Der Samstagnachmittag gehört bereits seit dem 3. Jahrestreffen im Jahr 2005, dem ersten in Wernigerode, der Organisation und Durchführung öffentlicher Veranstaltungen. Zum 20. Jahrestreffen wurde der international bereits preisgekrönte Film „snatched from the source – In der Quelle erfasst“ des slowenischen Teams von Bela-Film mit der Regisseurin Maja Weiss gezeigt. In diesem wird das Schicksaal mehrerer Menschen aufgezeigt, die als Kinder von den Nationalsozialisten ihren slowenischen Eltern für die Germanisierung geraubt wurden. Dr. Georg Lilienthal, der das Team wissenschaftlich beraten und in der Doku mitgewirkt hat, gab eine kurze Einleitung mit wichtigen Informationen zum Verständnis des Filmes. Das Filmteam war beim 19. Jahrestreffen anwesend und eine kurze Sequenz dieses Treffens ist in die Dokumentation eingearbeitet worden.
Am Sonntagvormittag fanden sich um 10.00 Uhr Tagungsteilnehmer und interessierte Wernigeröder am Wohltäterbrunnen vor dem historischen Rathaus auf dem Marktplatz ein und folgten Matthias Meißner „Auf den Spuren des Lebensborns“ durch die Stadt Wernigerode. Die historische Führung führte vorbei an verschiedenen Gebäuden, die mit dem „Lebensborn e.V.“ in irgendeiner Weise verbunden waren. Vom ehemaligen Gesundheitsamt ging es über den Marktplatz und durch die Schluppe zum Wohnhaus der Hebamme Ida Matthießen, zum Hotel Monopol, in dem die feierliche Eröffnung stattfand, zur Pension Niemann, weiter über das Gelände des ehemaligen Heimes Harz, vorbei am Wohnhaus des ersten Arztes, Dr. Lindemann, bis hin zur Forkestraße 2, dem neuen Klinikgebäude, das Ida Matthießen aus einem ehemaligen Hotel herrichtete. Die Führung dauerte fast zwei Stunden und war dennoch durch die vielen Informationen recht kurzweilig. Auf die weiteren baulichen Anlagen (Kinderhäuser in der Friedrichstraße und Auf dem Hermann-Löns-Weg sowie die Pension Oberbeck) wurden nur verwiesen, da die Entfernungen dorthin sowie die jeweiligen Geländeanstiege zu groß sind. Andere nutzen die Gelegenheit und informierten sich in der Remise über Literatur, Tonaufnahmen, filmische Dokumentationen und Filme über den „Lebensborn“. Mit dem Büchertisch „Der ,Lebensborn‘ in der medialen Widerspiegelung“ wurde nicht nur ein Überblick über erschienene Veröffentlichungen gegeben, sondern auch bezweckt, die grundsätzliche Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das „Lebensborn“ – Thema zu entwickeln und zu fördern.

 

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